Trubel um Mistgeruch in Ziesar
Kaum einmal mehr wurde die Fiener Agrargenossenschaft Ziesar e.G. so in der Öffentlichkeit wahrgenommen, wie in den letzten Wochen. Schuld war eine wahre Geruchsglocke, die längere Zeit über Teilen der Stadt und der Umgebung stand und für Unmut sorgte. Auf den Feldern rund um Ziesar wurde Rindermist ausgebracht und das Wetter sorgte dafür, dass der zeitweise massive Gestank einfach nicht weichen wollte. Es gab böse Telefonanrufe in der Agrargenossenschaft, Beschwerden beim Amt und beim Bürgermeister bis hin zu Anzeigen. Auch in den sozialen Netzwerken wurde das Thema diskutiert.
Um wieder etwas Sachlichkeit in die Diskussion zu bringen und die Wogen zu glätten, beschreibt der Vorsitzende der Genossenschaft Elard von Gottberg die Situation aus Sicht der Bauern.
Auf den Flächen und in den Anlagen der Fiener Agrargenossenschaft stehen im Moment ca. 1800 Rinder. Zu den Standorten gehören Ziesar, Bücknitz, Glienecke, Steinberg und Boecke. Wenn sie nicht auf den Wiesen sind, stehen die Tiere auf Stroh. Rinder sind sensible Tiere und wer einen hohen Milchertrag erzielen möchte, geht weitestgehend auf die Bedürfnisse der Tiere ein. Durch die Strohhaltung fällt keine Gülle, sondern zu 100% Rindermist an. Dieser wird gesammelt und darf nur in zwei relativ kurzen Zeitspannen im Frühjahr und im Sommer/Herbst auf die Ackerböden ausgebracht werden. Eine neue Düngeverordnung regelt dabei sehr genau, wann wieviel wo ausgebracht werden darf.
Da nach der Ernte nur bis zum 15. September Mist gestreut werden darf, die neue Aussaat jedoch bereits früher erfolgt, ergab sich in diesem Jahr für die Genossenschaft nur ein sehr kleines Zeitfenster, welches intensiv genutzt werden musste - just in der Zeit, in der es kaum Regen, aber dafür Gluthitze gab. Ständig wechselnde Windrichtungen, Temperaturen um 30°C im Schatten und kein Wasser von oben in Sicht führten dazu, dass der ausgasende Stickstoff zu zum Teil extremen Geruchsbelästigungen führte.
Auch wenn "frische Landluft" zum Landleben gehört und man sich dem genauso schlecht erwehren kann, wie täglichem Hähnekrähen oder dem Lärm von Erntemaschinen, war dieses Extrem natürlich auch nicht im Sinne der Agrargenossenschaft. Jedoch - es gibt kaum Möglichkeiten in einer derartigen Konstellation, Vorschriften einzuhalten, wirtschaftlich zu bleiben und gleichzeitig ohne Geruch zu arbeiten. Während die Düngung im Frühjahr kaum wahrgenommen wird, kann es nach der Ernte im Sommer immer wieder einmal zu dieser Situation kommen.
Reagiert haben die Bauern trotzdem und steuern im Moment weiter entfernte Äcker im Fiener an, wo es kaum Wohnbebauung gibt. Unsere Agrargenossenschaft ist wichtiger Bestandteil unseres ländlichen Umfeldes und ein zuverlässiger Arbeitgeber. Im Gegensatz zu anonymen Agrarfabriken gibt es hier noch Ansprechpartner und Menschen, die jederzeit Auskunft geben, wenn man sie fragt.
Steffen Huber
Bild zur Meldung: Elard von Gottberg